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Auswirkungen der Nachhaltigkeitsregulierung auf den Fondsmarkt

Der Markt für nachhaltige Publikumsfonds in Deutschland verändert sich rasant: Im Jahr 2021 verfünffachte sich das verwaltete Vermögen laut BVI-Statistik von 91 auf 463 Milliarden Euro. Damit ist fast jeder dritte Euro, den deutsche Kunden in Fonds investiert haben, in Produkten mit Nachhaltigkeitsmerkmalen angelegt.

Treiber war vor allem die Nachhaltigkeitsregulierung, besonders die am 10. März 2021 in Kraft getretene EU-Offenlegungsverordnung. Sie teilt Fonds unter anderem in Artikel-8-Fonds (Fonds mit ökologischen und/oder sozialen Merkmalen) und Artikel- 9-Fonds (Fonds, die zu einem oder mehreren Nachhaltigkeitszielen beitragen) ein. Zwar enthält sie vor allem Informationspflichten und macht keine Mindestvorgaben für die Qualität der nachhaltigen Anlagestrategien. In der Praxis wird der Fondsmarkt dennoch meist auf dieser Grundlage in „nachhaltig“ und „nicht nachhaltig“ eingeteilt.
Der BVI erhebt derzeit, wie und in welchem Umfang seine Mitglieder ihre Fonds nach der Offenlegungsverordnung einstufen. Viele Fondsgesellschaften haben die Vorschriften zum Anlass genommen, ihr Angebot zu überprüfen und Prozesse und Anlagestrategien gegebenenfalls anzupassen. Mehr als die Hälfte des Wachstums nachhaltiger Publikumsfonds seit dem Inkrafttreten der Offenlegungsverordnung entfällt auf das Vermögen der direkt im März 2021 umgestellten Fonds (siehe Grafik);

Anbieter haben mehr als 2.500 Fonds und Anteilscheinklassen neu als Artikel-8- oder Artikel-9-Fonds gekennzeichnet. Knapp 1.000 später umklassifizierte Bestandsprodukte stehen für ein weiteres Viertel des Vermögenszuwachses. Besonders auffällig ist die schrittweise Neu-Einstufung großer offener Immobilienfonds als Fonds mit Nachhaltigkeitsstrategie. Eine prozentual deutlich geringere Rolle spielen dagegen das Neugeschäft – darunter auch 270 neu aufgelegte Fonds und Anteilscheinklassen – mit zwölf Prozent und der Effekt steigender Anteilwerte mit sechs Prozent.

Trotz der rasanten Entwicklung ist die Bedeutung von Fonds gemäß Artikel 8 und 9 der Offenlegungsverordnung in Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Fondsmärkten mit 31 Prozent relativ gering.

Anteile am Wachstum nachhaltiger Publikumsfonds März-Dezember 2021

Über alle EU-Staaten hinweg entfallen 40 Prozent des Vermögens auf Fonds mit Nachhaltigkeitsmerkmalen. Bei in Frankreich aufgelegten Fonds sind es 60 Prozent, bei schwedischen Produkten sogar fast 80 Prozent. Offenbar sind die Fondsgesellschaften in Deutschland bei der Einstufung ihrer Produkte tendenziell vorsichtiger als ihre Wettbewerber im Ausland.

In diesem Jahr stehen regulatorische Änderungen an, die den Markt für nachhaltige Fonds erneut stark verändern werden. Ab dem 2. August 2022 sind in der Beratung von Kunden mit Nachhaltigkeitspräferenzen zusätzliche Produktmerkmale relevant. Berater müssen dann klären, ob Anleger einen bestimmten Mindestanteil nachhaltiger Investitionen bzw. Investitionen im Sinne der EU-Taxonomie wünschen oder mit ihren Investments die wichtigsten nachteiligen Auswirkungen auf Nachhaltigkeit reduzieren möchten. Mit dem ESG-Zielmarktkonzept gibt es einen deutschen Marktstandard für qualitative Mindestanforderungen an Produkte, die für Kunden mit Nachhaltigkeitspräferenzen geeignet sind.

Die bisherige Einteilung nach der Offenlegungsverordnung ist zukünftig nicht mehr ausschlaggebend. Viele Artikel-8-Fonds können an diese Anleger nur noch empfohlen werden, wenn die Anlagestrategien die zusätzlichen Anforderungen des ESG-Zielmarktkonzepts erfüllen.

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